Pressemitteilung, Berlin 15.10.2022
Um eine nachhaltige Ernährung zu sichern, muss Frauen in ländlichen Gebieten weltweit eine gleichberechtigte Teilhabe an Eigentum, Märkten, Krediten, Lohn und Absicherung zugesprochen werden
Zum internationalen Tag der Frauen in ländlichen Gebieten erklärt Dr. Anne Monika Spallek, Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft und Berichterstatterin für ländliche Räume:
Frauen in ländlichen Gebieten sind international und national auch in der Klimakrise, in der Ukrainekrise und in der Ernährungskrise wesentliche Garant*innen für eine nachhaltige Ernährungssicherung. Weltweit machen sie nach Schätzungen der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN, etwa 40 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte in Entwicklungsländern aus. Sie sind zuständig für die Versorgung mit Wasser, verrichten Feldarbeiten, planen Aussaat und Ernte, schließen sich in Genossenschaften zusammen, organisieren den Verkauf und betreuen zusätzlich dabei Alte und Kinder. Während der Ukrainekrise mit steigenden Lebensmittelpreisen, Lebensmittelengpässen, kriegerischer Gewalt sind sie dazu besonderen Härten ausgesetzt. Diesen Frauen gehört unsere Solidarität.
Trotz ihrer tragenden Rolle für die Landwirtschaft sind weltweit weniger als 20 % der Landbesitzer*innen Frauen. Dabei könnten Bäuerinnen nach Studien der FAO, wenn sie den gleichen Zugang zu Ressourcen hätten wie Männer, die Ernteerträge deutlich steigern und damit mehr hungernden Menschen Nahrung bieten. Aber Mädchen und Frauen werden weiterhin diskriminiert, wenn es um den Besitz von Land und Vieh, gleichwertige Bezahlung, Beteiligung an Entscheidungsträgern und Zugang zu Ressourcen, Krediten und Märkten geht.
Auch in Deutschland haben Frauen in der Landwirtschaft nach jüngsten Ergebnissen der Landfrauenstudie, die erstmals eine deutschlandweite Untersuchung zur Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft vorgelegt hat, keinen gleichwertigen Zugang zu Höfen, Boden, Kapital, Altersabsicherung und gleichwertiger Bezahlung. Nach der Studie, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung gefördert hat, werden nur 11 % der Betriebe von Frauen geleitet, bei der vorgesehenen Hofnachfolge liegt der Frauenanteil bei rund 18 % , damit rangiert Deutschland im europäischen Vergleich auf den letzten Plätzen. Und das Altersarmutsrisiko der Landfrauen ist bei Krankheit, Scheidung und Tod hoch. Trotz ihrer Mitarbeit im Betrieb, der Pflege der Altenteiler und der Betreuung der Kinder. Die Vielfalt ihrer Aufgaben ist in der Agrarstatistik bisher noch nicht sichtbar.
Um Frauen in Deutschland eine gleichwertige Teilhabe in der Landwirtschaft zu sichern, könnte die Ertüchtigung von Hofnachfolgerinnen und potenziell leitenden Angestellten durch spezielle Lehrgänge und Netzwerkangebote sowie Mentoring-Programmen und niedrigschwellige Förderprogramme und Beratungsangebote für landwirtschaftliche Existenzgründer*innen, in Form von Gründerinnen-Netzwerken, Mentoring-Programmen helfen.