Berlin, 13.10.2023 – Anlässlich des Internationalen Tages der Frauen in ländlichen Gebieten erklärt Dr. Anne Monika Spallek, MdB, Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft und Berichterstatterin für die ländlichen Räume:
„Nur elf Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe werden in Deutschland von Frauen geleitet, bei der vorgesehenen Hofnachfolge liegt der Frauenanteil bei achtzehn Prozent. Damit liegt Deutschland europaweit auf den letzten Plätzen. Es ist Zeit, dass Geschlechtergerechtigkeit auf dem Land und in der Landwirtschaft endlich Priorität bekommt. Frauen arbeiten oft kaum weniger auf den Höfen und doch werden ihre Leistungen kaum gesehen und honoriert. Es braucht gleichwertige Bezahlung und einen gleichwertigen Zugang zu Boden, Kapital, Altersabsicherung. Auch die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik muss die Lebenssituation von Frauen endlich mehr berücksichtigen.“
Spätestens seit Veröffentlichung der Studie “Frauen.Leben.Landwirtschaft” des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Herbst 2022 liegen Handlungsempfehlungen vor, wie Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe in der Landwirtschaft eröffnet werden kann. Dazu gehören u.a. die Ertüchtigung von Hofnachfolgerinnen und potenziell leitenden Angestellten durch spezielle Lehrgänge und Netzwerkangebote sowie niedrigschwellige Förderprogramme und Beratungsangebote für landwirtschaftliche Existenzgründer*innen, in Form von Gründerinnen-Netzwerken und Mentoring-Programmen. Dafür setze ich mich ein.
Ebenso müssen wir in der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik zur besseren Förderung von Frauen und Quereinsteiger*innen die Junglandwirt*innenförderung zu einer konzeptbasierten „Existenzgründungsprämie“ weiterentwickeln, denn Frauen können und wollen oft erst nach der Familiengründung unternehmerisch tätig werden. Bei der Junglandwirt*innenprämie gibt es aber eine maximale Altersgrenze von 40 Jahren. Damit werden Frauen, die erst später einsteigen wollen, bei der Unternehmensübernahme diskriminiert.
Wichtig ist auch, dass in der Agrarstatistik erfasst wird, wieviel die Frauen zum Einkommen der Betriebe beitragen und welche wirtschaftliche Rolle sie auf den Höfen spielen. Denn weder die oft wichtige Mitarbeit noch die tatsächliche gemeinsame Betriebsführung wird in Deutschland statistisch erfasst – anders als in vielen anderen Ländern. Es fehlen auch statistische Erhebungen zur Verteilung des Grundbesitzes sowie des Gender Care- und Pay Gap in der Landwirtschaft.
Egal ob als Betriebsleiterinnen, als mitarbeitende (Ehe-)Partnerinnen, als familienfremde Angestellte, als Altenteilerinnen oder in anderen Positionen: Frauen leisten wesentliche Beiträge in der Landwirtschaft. Häufig werden wichtige Veränderungen auf den Höfen in Richtung Tierschutz oder Umweltschutz doch gerade von den Frauen vorangetrieben. Ihre Tatkraft ist für eine zukunftsfähige Landwirtschaft unentbehrlich. Wichtig wäre es daher, durch Quotenregelungen den Frauenanteil in den landwirtschaftlichen und anderen ländlichen Verbänden aktiv zu erhöhen. Nur so können wir ermöglichen, dass die Interessen von Frauen überall mitgedacht werden. Denn Frauen sind in den ländlichen Räumen oft umso mehr auf einen guten ÖPNV, funktionierende öffentliche Infrastruktur, Kinderbetreuung und wohnortnahe Grundversorgung angewiesen und gerade sie stützen doch das auf dem Land so wichtige Ehrenamt.
Klar ist, Frauen leisten viel auf dem Land. Das sollten wir stärker anerkennen und endlich geschlechtergerechte Strukturen schaffen.