Bodenmärkte und das Problem mit Share Deals

Ausgangslage / Hintergrund

Rund 50 Prozent der Flächen Deutschlands werden landwirtschaftlich genutzt. Hierbei fallen etwa 60 Prozent auf Pacht- und 40 Prozent auf Eigentumsflächen. Als Produktionsfaktor spielt Boden eine zentrale Rolle in der Landwirtschaft. Aufgrund seiner begrenzten Verfügbarkeit führt er als endliche Ressource zwangsläufig zu Nutzungskonkurrenzen unter verschiedenen Nutzungsansprüchen. Dazu zählen neben der Landwirtschaft auch Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur, Industrie und erneuerbare Energien, Forstwirtschaft und Flächen für Naturschutz. Seit Jahren werden landwirtschaftliche Flächen durch Umnutzung reduziert, wodurch Preise für Agrarflächen steigen und Boden zum Spekulationsobjekt machen. Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) sieht eine Reduzierung der Fläche für Siedlung und Verkehr (SuV) mit weniger als 30 Hektar pro Tag bis 2030 vor. Der Trend zeigt aktuell jedoch noch einen deutlichen Anstieg.

Auch Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit stehen in direkter Konkurrenz mit landwirtschaftlichen Flächen, wie z.B. Freiflächen-PV-Anlagen für die Energiewende. Die Bundesregierung muss daher eine Flächenhierarchie umsetzen, die 2022 in der EU-Bodenstrategie beschlossen wurde. Hierbei stellt die Doppelnutzung eine Teillösung dar. Beispiele: Photovoltaik als Zweitnutzung auf Dächern, Parkplätzen und Industriebauten; naturschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen mit Verfahren, die in die landwirtschaftliche Nutzung integriert sind; sowie Agri-PV, die eine weitere landwirtschaftliche Bewirtschaftung und einen Energieertrag zusätzlich zum landwirtschaftlichen Einkommen sichert.

Seit der Finanzkrise 2008 kaufen Investoren Agrarimmobilien als inflationssichere Anlage mit hohen Renditen in relevantem Umfang. Diese Entwicklung ist derzeit überwiegend in Ostdeutschland zu beobachten. Der Kauf von Agrarimmobilien in Deutschland ist gesetzlich im Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) geregelt. Demnach dürfen ausschließlich landwirtschaftliche Betriebe Agrarflächen erwerben. Außerlandwirtschaftliche Investoren nutzen durch sogenannte Anteilskäufe (Share Deals) eine gesetzliche Lücke, um trotzdem ganze landwirtschaftliche Betriebe zu erwerben. Sie kaufen einen Betrieb zunächst anteilig zu 90 Prozent – nach zehn Jahren erwerben sie dann die restlichen 10 Prozent des landwirtschaftlichen Betriebes. Hierdurch können Investoren auch die Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbsteuer umgehen. Problematisch für die Behörden in den Ländern ist, dass sie keine Kenntnis vom Kauf des Betriebes über einen Share Deal haben und das Gesetz bisher keine Kontrollmöglichkeiten vorsieht.

Laut einer aktuellen Studie des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) zum Bodenmarkt in Brandenburg gibt es noch keine Hinweise auf eine marktbeherrschende Stellung von Agrarkonzernen oder anderen außerlandwirtschaftlichen Investoren. Dennoch haben landwirtschaftliche Betriebe und insbesondere Existenzgründende immer größere Schwierigkeiten an landwirtschaftliche Flächen zu gelangen, wodurch die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft in Deutschland gefährdet wird. Zudem gehen positive sozio-ökonomische Auswirkungen von landwirtschaftlichen Betrieben für die Dörfer verloren, wenn Gewinne, Pachten und Teile des Einkommens in andere Regionen abfließen.

Was haben wir erreicht?

Anders als den Bundesländern stehen dem Bund nur sehr eingeschränkte bodenmarktpolitische Instrumente zur Verfügung. Im Koalitionsvertrag konnten wir jedoch durchsetzen, dass die staatliche Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) nicht mehr hauptsächlich Flächen verkauft, sondern vorrangig an nachhaltig bzw. ökologisch wirtschaftende Betriebe verpachtet. Zuvor wurden Ausschreibungen immer an das höchste Kauf- bzw. Pachtgebot vergeben. Die im Jahr 2023 erstmals angewendeten neuen Verpachtungsgrundsätze waren ein voller Erfolg, denn sie haben dafür gesorgt, dass die BVVG nicht mehr zum Anstieg der Kauf- und Pachtpreise beigetragen hat und diese im Vergleich zu 2022 in allen Bundesländern gesunken sind. Stattdessen fördert die Verpachtung jetzt eine vielfältige Agrarstruktur, einen lebendigen ländlichen Raum, Chancen für Neugründungen und mehr Naturschutz.

Was bleibt zu tun?

Die derzeitigen Gesetze zur Regulierung des landwirtschaftlichen Bodenmarktes genügen nicht und bedürfen einer Novellierung. Die Kontrolle von Share Deals muss, insbesondere in den Ostbundesländern, geregelt und eigene Agrarstrukturgesetze durch die Länder beschlossen werden. Da Agrarstrukturgesetze jedoch schwerfällig sind und es schnelle Lösungen braucht, kann der Ansatz der Progressiven Grunderwerbsteuer sowie der Gemeinwohlorientierten Verpachtung von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V. (AbL) ein sinnvolles Instrument zur kurzfristigen Regulation des landwirtschaftlichen Bodenmarkts sein.

Bereits seit 2018 setzen wir Grünen uns immer wieder dafür ein, den Kauf und Verkauf von Anteilen an landwirtschaftlichen Unternehmen durch Share-Deals in den bodenrechtlichen Regulierungsrahmen und die Genehmigungspflicht im landwirtschaftlichen Grundstückverkehrsrecht der Bundesländer aufzunehmen. Wir fordern die Anpassung des Grunderwerbsteuergesetzes sowiedie Einführung einer Freibetragsregelung zugunsten von bäuerlichen Betrieben und Existenzgründenden; eine Absenkung der Auslöseschwelle der Grunderwerbsteuer bei Anteilskäufen von derzeit90 auf 50 Prozent; sowie die Prüfung eines ansteigenden Steuersatzes für Akteur:innen, die bereits umfangreiches Flächeneigentum besitzen, nach dem Vorbild der Einkommenssteuer.

Während meiner parlamentarischen Arbeit konnte ich viel für die Entwicklung unserer ländlichen Räume, die Förderung von nachhaltiger bäuerlicher Landwirtschaft und die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten erreichen. Der Zugang zu Boden ist dafür eine Grundvoraussetzung, weshalb ich mich immer wieder für das Thema eingesetzt habe und weiterhin einsetzen werde.    

Weiterführende Links:

AbL – Studie Einführung einer progressiven Grunderwerbssteuer zur Regulation des landwirtschaftlichen Bodenmarkts

AbL – Gemeinwohlorientierte Verpachtung

IAMO – Wem gehört das Land in Brandenburg?