Ausgangslage
Die deutsche Brotkultur ist dabei weltbekannt und das Bäckerhandwerk ein wichtiger Pfeiler regionaler Versorgung und Wertschöpfung. Doch im Wettbewerb mit der industriellen Herstellung von Brot kämpft das Bäckerhandwerk mit Belastungen durch hohe Rohstoff- und Energiepreise und dem Fachkräftemangel. Die Backindustrie kann aufgrund von Massenherstellung billiger produzieren als eine kleine Handwerksbäckerei, die vor Ort mit regionalen Rohstoffen vielfältigste Brotsorten herstellt. Dieser Entwicklung müssen wir entschieden gegensteuern. Positiv ist jedoch, dass 2024 deutlich mehr Menschen einen Ausbildungsvertrag mit dem Bäckerhandwerk abschlossen als in den Jahren zuvor. Die Zahl der Ausbildungsverträge stieg um 22,5 Prozent im Fachverkauf und um 11,4 Prozent, um den Beruf des*r Bäcker*in zu erlernen. Trotz der positiven Entwicklungen hat das Bäckerhandwerk und weitere Branchen des Lebensmittelhandwerks weiterhin mit dem allgegenwärtigen Fachkräfte- und Nachwuchsmangel zu kämpfen.
Im Bereich der Verarbeitung sind über die letzten Jahrzehnte massive Strukturverluste zu beobachten. So hat z. B. die Zahl der Mühlen in Deutschland seit 1950 von 19.000 auf unter 200 abgenommen, bei den Molkereien von 3.500 auf 150. Bei den handwerklichen Fleischereien gab es zwischen 1970 und 2020 einen Rückgang von fast 70 Prozent. Diese historische Entwicklung hat sich z. T. in letzter Zeit sogar noch beschleunigt: So verzeichnet das Bäckerei- und Fleischerhandwerk einen Rückgang an Betrieben von ca. 1/3 in 10 Jahren. Noch dramatischer: die Zahl der Auszubildenden sank im gleichen Zeitraum um fast 70 %. Die Verarbeitung von Getreide, Milch, Fleisch, Gemüse, Obst etc. konzentriert sich auf immer weniger Großstandorte.
Auch im Handel kommt es zunehmend zu mehr Konzentration: Der kleine Tante-Emma-Laden überlebt wegen Skaleneffekten und fehlender Unterstützung kaum mehr: 1999 gab es bundesweit noch acht große Lebensmittelhändler mit 70 Prozent Marktanteil. 2015 waren es noch vier Unternehmen mit 85 Prozent Marktanteil. Die Nahversorgung kommt dadurch in Gefahr.
Was wir getan haben
Bei den hohen Energiepreisen haben wir die Betriebe schnell mit der Strom- und Gaspreisbremse unterstützt, aber auch längerfristig haben wir sie im Blick. Wir nehmen die kleinen Betriebe bei der Transformation mit, indem wir die Umstellung von Öl, Gas oder Kohle hin zu elektrisch betriebenen Produktionsanlagen mit 100 Millionen Euro bis 2025 unterstützen. Damit können beispielsweise Bäckereien ihre Gasöfen auf Elektroöfen umstellen und von fossilen Energieträgern unabhängig werden. Die aus dem Parlament heraus angestoßene Förderung für die Elektrifizierung von kleinen Unternehmen ist bürokratiearm und für alle kleinen Betrieben, unabhängig der Branche, offen. Der BMWK-Praxis-Check im Lebensmittelhandwerk zum Thema Bürokratieabbau wurde durchgeführt ebenso wird eine in Auftrag gegebene Studie von Prof. Dr. Wieck, die Mitte 2025 erscheinen – ein Gutachten zur Bekämpfung des Strukturverlustes in der Lebensmittelverarbeitung.
Beim Industriestrompreis für energieintensive kleine Betriebe haben wir die Regelung erreicht, dass Betriebe bereits ab einem Jahresverbrauch von 30.000 kWh in die Industriepreisbremse fallen, was kleinen Verarbeitungsbetrieben geholfen hat.
Im Bereich der regionalen Wertschöpfung haben wir in der GAK den Regio-Bonus neu beschlossen: es erhöht sich der Zuschuss zu Investitionsförderungen für Betriebe, die regional verarbeiten und vermarkten. In der GRW wurde die 50km-Regelung abgeschafft: und damit der überregionale Fokus und die Exportorientierung der Wirtschaftsförderung aufgebrochen. Zusätzlich wurden Nachhaltigkeitskriterien eingebaut. Außerdem hat das Kabinett die Vergabereform beschlossen und darin die Möglichkeit von regionalen Ausschreibungen im Vergabereformpaket verankert.
Was noch getan werden muss:
Wir müssen dem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel im Handwerk entschieden entgegenwirken, insbesondere durch die Schaffung von Azubi-Wohnungen, Azubi-Tickets und entsprechenden Azubi-Mobilitätsangeboten. Zudem müssen die Fehler in der Bildungs- und Familienpolitik korrigiert werden. Hierzu gehören das klare Bekenntnis zur Gleichstellung beruflicher und akademischer Bildung sowie eine hochwertige und bezahlbare Ganztagsbetreuung, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Der Bürokratieabbau im Handwerk ist vor allem für kleine Unternehmen mit wenig Personalressourcen eine große Herausforderung. Für die Ausweitung des Arbeitszeitgesetz für Sonntagsarbeit im Bäckerhandwerk habe ich mich in den vergangenen drei Jahren bereits eingesetzt. Um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, müssen diese an die Industrie angepasst werden. Gleichzeitig muss die spezifische Forschung und Bildungsarbeit für resiliente Lebensmittelketten und handwerkliche Verarbeitungsstrukturen gestärkt werden. Passend hierzu haben wir eine Studie auf den Weg gebracht – ein Gutachten zur Bekämpfung des Strukturverlustes in der Lebensmittelverarbeitung. Dieses ist in Arbeit und die Ergebnisse werden voraussichtlich Mitte des Jahres veröffentlicht werden. Des Weiteren soll eine Befreiung von Kennzeichnungspflichten für alle Backwaren in Fachgeschäften sowie die Abschaffung der Sonderregelungen für Ladenpackungen in Selbstbedienung erfolgen.
Ich setze mich dafür ein, bei Förderprogrammen für Verarbeitungsbetriebe eine konsequente Degression zu verankern, damit die kleineren Betriebe im Lebensmittelhandwerk, die für die Vor-Ort Daseinsvorsorge so wichtig sind, auch profitieren können. Auch für Blühflächen oder Naturschutzflächen muss die Förderung konsequent degressiv und somit fair erfolgen.
Fachagenturen für regionale Lebensmittel sollten auf Länder- oder regionaler Ebene ausgebaut werden, damit eine strukturelle Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten mit Anbindung an die Wirtschaftsförderung vor Ort gelingt.
Um die Verarbeitung, Vermarktung und Außer-Haus-Verpflegung zu stärken, sollten Regio-Öko-Prämien für KMU etabliert werden. Zudem sollte ein Kontrollkostenzuschuss für Öko-Verarbeitung mit Umstellungs-, Fach- und Produktionsentwicklungsberatung eingeführt werden. Und um die Bürokratieentlastung weiter voranzutreiben, sollten Praxischecks ausgeweitet werden und Bagatellgrenzen eingeführt werden.
Weiterführende Links:
Lebensmittelhandwerk in der Krise
Bäckereien zukunftssicher aufstellen – 100 Millionen Euro für Elektrifizierung von Betrieben
Strompreispaket bringt Entlastung auch für das Lebensmittelhandwerk
Neue Förderung für Verarbeitungsstrukturen regionaler Lebensmittel startet