Rückblick: Online Praxis Abend: Innovative Geschäftsmodelle für alternative Proteine

Während der Fleischkonsum 2023 den niedrigsten Stand seit 30 Jahren erreichte, boomt der Markt für pflanzliche Alternativen: ob Kichererbsen, Pflanzenmilch, Tofu, Pilze oder Algen: die Vielfalt der alternativen Proteinquellen ist enorm, und viele Betriebe machen sich schon auf den Weg zur Umstellung. Die letzten Jahre ging der Fleischkonsum weiter zurück und erreichte immer weitere Tiefpunkte. Dagegen sind die Verkäufe alternativer Proteinquellen seit 2010 jährlich um 10 % gestiegen. Im Jahr 2022 produzierten Unternehmen hierzulande im Vergleich zum Vorjahr 6,5 % mehr Fleischersatzprodukte, im Vergleich zum Jahr 2019 erhöhte sich die Produktion sogar um 72,7 %. Viele essen heute weniger und bewusster Fleisch und steigen aus Sorge um die Umwelt und die eigene Gesundheit auf pflanzliche Alternativen um.

Hofnachfolgerinnen wollen von dem Trend profitieren und denken über Alternativen zur Tierhaltung nach. Auf diesem Weg wollen wir mit dem Chancenprogramm Höfen dabei helfen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Denn Höfe brauchen eine Zukunft, in der sie gut wirtschaften, unsere Ernährung sicherstellen und die planetaren Grenzen respektieren können.

Beim Online Praxis Abend am 07.05.2024 haben wir mit Praktiker*innen darüber diskutiert, wie der Wandel für landwirtschaftliche Betriebe gelingen kann.

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– die Veranstaltung in voller Länge – 

 

In Ihrem Grußwort betonte Renate Künast, dass Anne Monika Spallek und andere dafür gesorgt haben, dass die Themen “Kompetenznetzwerk Proteine” und “Chancenprogramm Höfe” im Bundeshaushalt aufgenommen wurden. Es ist gelungen, die Diskussion auf Proteine für die Humanernährung zu lenken.

Die Motivation dahinter ist die wachsende Nachfrage und die Entstehung neuer Geschäftsmodelle. In Dänemark und den Niederlanden wird bereits in den Anbau vor Ort und moderne Food-Startups investiert, die sich auf Gemeinschaftsverpflegung konzentrieren. Deutschland sollte nicht hinterherhinken und die Wertschöpfungsketten auch hierzulande aufbauen. In der Vergangenheit wurde zu wenig Wissen und Strukturen aufgebaut, was nun nachgeholt werden muss. Dazu gehört auch die Umstellung von Forschungstöpfen. Mit dem Stakeholdertreffen und dem Chancenprogramm soll im ersten Schritt Wissen aufgebaut werden, was in der Praxis benötigt wird.

 

Beitrag von Bernhardt von der Marwitz, Eigentümer & Geschäftsführer vom Gut Friedersdorf:

Der Landwirt hat vor vier Jahren mit dem Anbau von Kichererbsen für die Humanernährung begonnen, da die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen steigt. In Zusammenarbeit mit dem ZALF wird an der Optimierung von Anbaubedingungen und Sorten geforscht. Die größten Herausforderungen sind der schwankende Ertrag, die fehlende Marktinfrastruktur für Bio-Kichererbsen in der benötigten Qualität und die begrenzten Verarbeitungsmöglichkeiten in Brandenburg.

 

Beitrag von Franz Häußler, der die Linsenbauern bei Lauteracher Alb-Feld-Früchte betreut:

Die “Leisa”, schwäbisch für Linse, ist ein regionales Produkt mit langer Tradition. In den 80er Jahren hat der Biobauer mit dem Anbau wieder angefangen. Damals war die Importlinse billiger und viele hatten den Anbau und die Verarbeitung vergessen. Heute ist die Nachfrage nach regionalen und nachhaltigen Produkten jedoch groß. Die Linsen sind nicht nur ein leckeres und gesundes Lebensmittel, sondern bieten auch Lebensraum für eine artenreiche Flora.

Die Universität Hohenheim und die Fachhochschule Nürtingen begleiten die Genossenschaft von Anfang an und helfen bei der Optimierung des Anbaus und der Verarbeitung. Die Linsen werden in einem mehrstufigen Verfahren gereinigt und sortiert. Neben Linsen bietet die Genossenschaft auch Leindotteröl und Braugerste an.

Die Vermarktung der Produkte erfolgt über den Webshop und den Lebensmitteleinzelhandel in Baden-Württemberg. Um die Verbraucher auf die regionalen Linsen aufmerksam zu machen, werden Schilder in der Landschaft aufgestellt. Ein Problem sind die Ertragsschwankungen durch die Witterung und die Konkurrenz durch Billigimporte aus Kanada.

 

Beitrag von Elisabeth Berlinghof, LeguNet Leguminosen Netzwerk und Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung:

Hülsenfrüchte bieten große Chancen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung. Die “planetary health diet” empfiehlt den täglichen Verzehr von 75 Gramm Leguminosen, während der aktuelle Konsum in Deutschland nur bei 7 Gramm liegt.

Es gibt bereits innovative Produkte wie Fleischersatz-Burger-Patties aus Hülsenfrüchten. Allerdings müssen noch einige Herausforderungen gemeistert werden. So gibt es einen Zielkonflikt zwischen der Forderung nach pestizidreduziertem Anbau und dem Wunsch nach möglichst lochfreien Erbsen für die Humanernährung.

Um die Potenziale von Hülsenfrüchten voll auszuschöpfen, muss die Landwirtschaft umstrukturiert, die Landwirte weitergebildet und die Diversifizierung vorangetrieben werden. Zudem sind Investitionen in die Aufbereitung und Bündelung von Hülsenfrüchten sowie in verarbeitende Unternehmen erforderlich, die die Bedürfnisse der Landwirtschaft berücksichtigen.

 

Beitrag von Lukas Fockenbrock, Ährenbrüder, BioHof Fockenbrock

Drei junge Landwirte aus Telgte (NRW) Henning, Stefan und Lucas, haben als 19. Generation ihres Familienbetriebs, den Hof auf Bio umgestellt und vermarkten ihre Produkte direkt. Ihre Mission: Regionale Landwirtschaft im veganen Markt etablieren.

Mit ihrem Haferdrink haben sie ein zweites Standbein neben dem klassischen Bio-Angebot geschaffen. Der Anbau und die Ernte des regionalen Hafers erforderten drei Jahre Entwicklungszeit und externe Beratung. Im vergangenen Jahr brachten sie zwei Haferdrinks im Münsterland auf den Markt, die bald auch in Norddeutschland erhältlich sein sollen. Neben der Bio-Qualität und Regionalität achten sie auch auf gute Inhaltsstoffe.In Zukunft planen sie die Herstellung von Popcorn aus eigenem Anbau, das bereits sechs Wochen lang im Rewe-Markt im Norden getestet wurde.Darüber hinaus gründen sie ein Erzeugernetzwerk, um die Zusammenarbeit mit anderen regionalen Landwirten zu stärken.

Die drei Jungunternehmer zeigen, wie regionale Landwirtschaft innovativ und erfolgreich im veganen Markt Fuß fassen kann.