Verhandeln auf Augenhöhe: Drei-Parteien-Verträge im Lebensmittelhandel

Ausgangslage

Viele landwirtschaftliche Betriebe kämpfen mit niedrigen Erzeugerpreisen und hoher Preisvolatilität. Steigende Produktionskosten können nur begrenzt weitergegeben werden, was zu wirtschaftlicher Unsicherheit führt. Mehr Transparenz und bessere Kommunikation – Drei-Parteien-Verträge könnten einen Weg darstellen, die Position der Landwirt*innen in der Wertschöpfungskette zu stärken. In solchen Verträgen verhandeln verschiedene Akteure entlang der Lebensmittelverarbeitungskette gemeinsam die Preise. Solche Verträge bieten Chancen für alle Beteiligten: Landwirtschaft, verarbeitende Unternehmen und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) profitieren von sicheren und resilienten Verarbeitungsketten. Ein Ziel ist, dass Preise von den Produktionskosten her verhandelt werden. Um mehr Transparenz bei der Preisbildung zu gewährleisten, sollten sich die Parteien auf Mechanismen wie Branchenindizes einigen und diese vertraglich festhalten. Ein regelmäßiger Anpassungsautomatismus hilft, unerwartete Schwankungen abzufedern. Mengen sollen festgelegt werden, mit Abweichungen von bis zu 20 Prozent. Auch Qualitätsanforderungen können in den Vertrag aufgenommen und vorab honoriert werden (topagrar).

Was wurde erreicht

Drei-Parteien-Verträge wurden schon im Agrardialog 2020/2021 zwischen Interessensgruppen der Landwirtschaft und des LEH diskutiert, kamen aber nicht zur Umsetzung. Erste Pilotprojekte sind erst jetzt gelungen: „die faire Milch“ (2024) und „das Landbauernschwein“ (2025). Bei Ersterer beteiligt sind Penny (REWE Group) für den LEH, der Lieferant „Die faire Milch“ und die Fair Food eG als Vertreterinnen von Erzeuger und Erzeugerinnen. „Die faire Milch“ ist eine politische Eigenmarke des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM). Dieser hat für die Genossenschaft (mit über 100 Landwirten und Landwirtinnen) die Verhandlungen mit Penny geführt. Penny und „Die faire Milch“ verpflichten sich den Erzeuger*innen die Differenz zwischen Molkereipreis und Milch-Marker-Index (MMI) zu zahlen (Webseite: Die faire Milch). So werden den milcherzeugenden Betrieben zunächst für drei Jahre kostendeckende Preise gezahlt. Die Vorteile dieser Verträge: mehr Transparenz bei der Preisfindung, langfristige Planbarkeit und eine gerechtere Verhandlungsposition für alle Beteiligten.

Eine genaue Vertragsausgestaltung ist eine privatwirtschaftliche Angelegenheit zwischen den verhandelnden Akteuren. Aber die politische Rahmensetzung kann faire Vertragsgestaltung begünstigen. So hat das EGALIM Gesetz 2018 in Frankreich zu einem starken Anstieg von Drei-Parteien Verträgen geführt. Die Grüne Bundestagfraktion hat sich in der letzten Legislatur sehr für eine Besserstellung von Erzeugern und Erzeugerinnen eingesetzt. Im Rahmen des Agrarpakets 2024 haben wir bereits einige Anpassungen des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes (AgrarOLkG) durchgesetzt, um die Position der Erzeuger zu stärken, indem noch deutlicher gegen unlautere Handelspraktiken vorgegangen wird (BMEL 2024). Darüber hinaus wurde die Schaffung einer weisungsfreien, unabhängigen Ombudsperson beschlossen, an die sich Betriebe vertrauensvoll wenden können. Zusätzlich trat im Dezember 2023 der Artikel 210a der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) in Kraft, der Erzeugerinnen und Erzeugern, die Nachhaltigkeitsstandards umsetzen, die Möglichkeit bietet, ihre Absprachen zu erleichtern (BMEL 2023).

Was bleibt zu tun

Es sind weitere politische Maßnahmen erforderlich, um den Druck auf den LEH und die Verarbeitung zu erhöhen, faire Verträge abzuschließen. Dazu gehört die Einrichtung einer Preisbeobachtungsstelle sowie ein Verbot des Einkaufs unter den Produktionskosten, wie es bereits in Spanien und Frankreich existiert. Die im Entschließungsantrag vorgesehene Ombudsperson muss zudem zeitnah ernannt werden. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Einführung einer Vertragspflicht im Rahmen der nationalen Umsetzung von Artikel 148 GMO. Durch diese Maßnahmen können langfristig faire Bedingungen für alle Akteure in der Lebensmittelwirtschaft geschaffen werden.

Weiterführende Links:

Home – Die faire Milch

Faire Milch beim Discounter: Milchbauern des BDM schließen Vertrag mit Penny und verhandeln Milchpreise anhand der Produktionskosten

Ausweitung von Drei-Parteien-Verträgen schafft mehr Planungssicherheit für Landwirtschaft – REWE Group

BMEL – Pressemitteilungen – Fairness in der Lebensmittellieferkette weiter stärken

BMEL Agrarpaket FAQ 2024

Faire Erzeugerpreise durch den Artikel 148 – Dr. Anne Monika Spallek