„Anstehende Reform bringt NRW-Werkstätten nicht in Gefahr“

Vier Abgeordnete, ein Thema: Die Zukunft der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Zusammen mit MdB Corinna Rüffer aus Trier (teilhabepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion), MdB Maria Klein Schmeink aus Münster (stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion), MdL Dennis Sonne und Vertreter*innen der Ortsverbände haben wir uns zu einem konstruktiven Austausch im Stift Tilbeck getroffen. Am gleichen Tag haben wir die Caritas Werkstätten InduTex in Lüdinghausen besucht.

Seitens vieler Werkstattbeschäftigter, Mitarbeiter und der Angehörigen herrscht gerade Unverständnis darüber, wie negativ und eindimensional ihrer Meinung nach Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) in den Medien dargestellt würden. Dabei ist gerade NRW bereits auf einem guten Weg. Als bislang einziges Bundesland bietet es auch für Menschen mit schweren Beeinträchtigungen und hohen Unterstützungsbedarfen eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen. NRW kann damit als Vorbild für die anderen Bundesländer dienen, in denen solche Menschen oft in Tagesförderstätten betreut werden.

Richtig ist: Eine Reform des bestehenden Werkstattsystems ist überfällig, da dieses in seiner bestehenden Form mit den rechtlichen Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar ist und auch das Potenzial beruflicher Rehabilitation nicht ausschöpft. Richtig ist aber auch: Mit der geplanten Reform geht keine Abschaffung WfbM einher, wie es so oft in der Öffentlichkeit fehlerhaft dargestellt wird. WfbM müssen vielmehr in ihrer Funktion als Einrichtungen der Rehabilitation gestärkt werden. Die Wünsche und die personenzentrierte Unterstützung des Einzelnen müssen überall in den Mittelpunkt rücken.

Etwa ein Drittel der Bewohner im Stift Tilbeck ist schwerstmehrfachbehindert und Robert Schedding, Geschäftsbereichsleiter Arbeit und Beschäftigung, machte deutlich: „In den letzten zehn Jahren konnten wir von 400 Beschäftigten 21 auf den ersten Arbeitsmarkt vermitteln.“

Bei den geplanten Änderungen handelt es sich nicht um realitätsfremde Aktionen vom grünen Tisch, versicherte Maria Klein Schmeink: „Es wird nicht über die Betroffenen hinweg und auch nicht ohne sie entschieden. Es soll dabei individueller betrachtet werden, worum es geht!“. Inklusion benötigt neuen Schwung, meint Corinna Rüffer: „Um tatsächliche Wahlmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen jenseits der WfbM zu schaffen, müssen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt her. Dazu gibt es gerade in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel mit dem inklusiven Unternehmensnetzwerk vorbildliche Ansätze“, betont sie und weiter: „Zudem ist es wichtig, den Automatismus, der die meisten Abgänger*innen von Förderschulen direkt in eine Werkstatt führt, durch den Aufbau besserer Ausbildungsangebote zu durchbrechen.“

Alle waren sich einig: „Es hilft keinem von uns, wenn Panik diesen Prozess begleitet. Deshalb müssen wir kontinuierlich im Gespräch bleiben!“

Zum Thema fehlender Mobilitätsangebote im ländlichen Raum für den Übergang Betroffener in den ersten Arbeitsmarkt rege ich immer wieder gerne an, dass von den 0,2 Cent/kwh, die die Kommunen für Wind- und Solarparks in ihrer Region nun vergütet bekommen, beispielsweise Mobilitätsangebote gefördert werden könnten. Da kommt demnächst viel Geld bei den Kommunen an. Das sollte doch möglichst auch sinnvoll für bessere Mobilitätsangebote für alle im ländlichen Raum verwendet werden.